Heirate nicht nach Dankhar, sagen die Leute im Himalaja. ‚Das Leben dort oben ist zu hart'. Auf 4000 Meter Höhe thront das Dorf Dankhar über dem Spiti-Tal. Hier, im kargen indischen Grenzgebiet zu Tibet, lebt der Postbote und Bauer Dilip Kumar mit seiner Frau und sechs Töchtern. Täglich muss er den steilen Weg in das zehn Kilometer entfernte Tal hinunter, wo das Postamt seinen Sitz hat. Eine Region, die immer wieder von schweren Erdrutschen heimgesucht wird: Dann ist das Dorf oft wochenlang vom Postverkehr abgeschnitten. Auch in diesem Sommer ist es so und für Dulip Kumar kommt es noch schlimmer: Er fürchtet, nicht zum Dalai Lama zu können, der in den kommenden Tagen ganz in der Nähe sein wird. Werden die Menschen aus Dankhar dennoch zu ihm pilgern können? Eine lokale Gottheit zumindest prophezeit ihnen gutes Wetter. Um den 300 Einwohnern von Dankhar den beschwerlichen Weg zum Postamt im Tal zu ersparen, gibt es Dilip Kumar, den Postboten des Himalaja. Er bringt den Leuten auch Briefmarken, Umschläge und Geld persönlich vorbei. Da die meisten Analphabeten sind, liest er ihnen Briefe vor und setzt für sie auch die Antwortschreiben auf. Zwischen seinen Postgängen hilft er seiner Frau auf den Feldern, weit unten an den steilen Hängen. Das Heu muss von Hand geschnitten und mit Eseln zurück nach Dankhar geschafft werden. Nur durch ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem kann das karge Land hier überhaupt urbar gemacht werden - denn Spiti ist eine Bergwüste. Doch dann regnet es auf einmal so viel, dass es zu Erdrutschen kommt. Dilip Kumar weiß nicht, worum er sich mehr sorgen machen muss: seine Post, die Ernte oder seine lange ersehnte Pilgerfahrt zum Dalai Lama, der in einem nahen Dorf Unterweisungen abhält. Um sich und seinem Motorrad trotz Erdrutschen einen Weg zu bahnen, greift Dilip Kumar sogar selbst zur Schaufel. An kaum einem anderen Ort in dem einstigen Königreich Spiti ist das Leben beschwerlicher als im Dorf Dankhar. Doch gerade wegen seiner schwer zugänglichen Lage konnte sich auch vieles bewahren, was andernorts längst verschwunden ist: Eine traditionelle Medizin etwa und vorbuddhistische Zeremonien wie das Erntefest, bei dem ein Dorfgott in Erscheinung tritt. Trotzdem wäre Dilip Kumar froh, wenn wenigstens einige seiner sechs Töchter woandershin heiraten würden.